Methode 4 ist die Zuführung von Calciumhydrogencarbonat
mittels Kalkreaktor. In diesem wird Calciumcarbonat, welches in Form von
Korallenskeletten eingefüllt wird, unter Zuführung von
Kohlensäure gelöst und somit beide Bausteine der Kalifizierung
wieder freigesetzt: Ca2+ Ionen und Hydrogenkarbonat. Die Reaktionsgleichung
ist praktisch gleich der Kalifizierung (s.o.).
Die ersten Modelle waren jedoch wenig erfolgversprechend. Sie bestanden aus
großen Säulen, welche mit Korallenbruch befüllt waren. Das
Wasser wurde wie bei einem Abschäumer durchgeleitet und tatsächlich
aus der Erhöhung des Calciumhydrogencarbonates resultierend eine
Erhöhung der Karbonathärte um wenige Grad festgestellt. Das Problem
was mit dieser Ausführung aber nicht in den Griff zu bekommen war, war
die große Menge freier Kohlensäure, welche das Auslaufwasser enthielt,
der pH Wert betrug 6,8 (bei CO2 Sättigung).
Erst, als man auf die Idee kam, das Wasser nicht nur einmal sondern permanent
über das Substrat zu leiten, war eine praktikable und effektive Lösung
gefunden.
Wird z.B. dem Korallin C 1500 0,5 1 in der Stunde entnommen, wurde dieser
vorher 600 mal über das Substrat geleitet, bei einer Füllhöhe
von 30 cm entspricht dies bei Einfachdurchleitung einer Rohrlänge von
180 Metern!
Die hieraus resultierende hohe Calciumhydrogencarbonatmenge (30 - 40°
KH) ermöglicht es, nur wenig Wasser dem Reaktor entnehmen zu müssen,
da ja auch dessen Innenleben einen pH Wert von 6,8 hat. In der Regel
genügen hier schon 30 Tropfen in der Minute, um den gewünschten
Effekt zu erzielen.
Bei der konstruktiven Auslegung sollte allerdings unbedingt darauf geachtet
werden, daß überschüssige Kohlensäure nicht einfach
mit ausgetragen wird (dies wird häufig als "automatische Entlüftung"
bezeichnet). Schon 10 Blasen in der Minute zuviel summieren sich im Laufe
eines Tages zu der imposanten Menge von 14.400 Blasen! Diese Gasmenge tropfte
dann wie das entnommene Wasser aus dem Gerät und kann sich, da schwerer
als Luft, wie eine Glocke auf das Becken legen. Ich bin sicher, daß
viele Probleme, welche dem Kalkreaktorprinzip als solchem zugeschrieben werden
(Fadenalgenwachstum etc.), aus Fehlbedienungen oder mangelhafter
Sicherheitseinrichtung am Reaktor entstehen.
Dies kann einerseits das freie mit ausgetragene CO2 sein, andererseits eine
zu kurze Durchlaufzeit, d.h., zu geringe Aufhärtung.
Erst wenn der Pfleger den Umgang mit dem Gerät seiner Wahl erlernt hat,
sollte eine Einstellung gewählt werden, bei welcher die (nur sehr geringe
Menge) überschüssiges Kohlensäuregas mit ausgetrieben wird
(dies sollten nur sehr wenige Blasen/Tag sein).
Man muß sich im Klaren sein, daß ja nur für die zulaufende
Menge (= ident. auslaufende Menge) CO2 benötigt wird, um diese zu
sättigen. Bei 30 Wassertropfen sind dies unter 10 Blasen (in
Größe dieser Tropfen).
Sinnvollerweise sollte ein Kalkreaktor 24 h laufen, da er ansonsten bei nur
Tagesbetrieb doppelt soviel leisten müßte. Bei Lauf rund um die
Uhr kann die Entnahmemenge im Gegensatz zum Tagesbetrieb praktisch halbiert
werden und enthält somit weniger freie Kohlensäure.
Die CO2-Menge eines Kalkreaktors sollte nie in der Form geregelt werden,
daß der pH Wert des Beckens ursächlich für die Zugabe in
den Reaktor ist. Diese Anordnung kann nur als Sicherheitsabschaltung fungieren,
da der pH Wert des Reaktors (bzw. dessen CO2-Bedarf zur Sättigung bis
pH 6,8) nichts mit dem Beckenwert gemein hat. Eine Steuerung könnte
nur über das Reaktorwasser selbst führen, also pH 6,8 CO2 Zufuhr
abschalten, pH 6,9 anschalten. Einen Vorteil bietet diese Methode aber im
Vergleich zur optischen Kontrolle (Blasenbildung bei Überschuß
im Reaktor) nicht. Man benötigt hierzu darüber hinaus ein sehr
präzises Meßinstrument (wobei die Meßgenauigkeit ausschlaggebend
ist, nicht die Anzeigegenauigkeit!) mit regelmäßigem Wartungsaufwand
für die Elektrode.
Wird ein Phosphateintrag durch die im Korallenskelett eingeschlossene geringe
Menge organischer Stoffe befürchtet, läßt sich dies leicht
durch vorheriges Reinigen des verwendeten Korallensandes mit 5 % Natronlauge
vermeiden (ca. 24 h "einlegen").
Versuche haben gezeigt, daß sich die Leistung eines Kalkreaktors noch
erhöhen läßt, wenn das Substrat "vibriert" bzw. "gerüttelt"
wird. Ideal wäre hier ein Prinzip wie das der rotierenden Trommel einer
Waschmaschine. Allerdings würde das die Herstellungskosten erheblich
steigern und wäre sicher nur bei Großanlagen mit immensem Verbrauch
vonnöten.
Einer der entscheidenden Vorteile eines CO2 Kalkreaktors dürfte meines
Erachtens in seinem einfachen und wartungsarmen Betrieb liegen. Auch ohne
Kenntnis der näheren chemischen Zusammenhänge (welche bei vorgenannten
anderen Methoden vonnöten sind) kann der Pfleger eine ausreichende Calcium
- Versorgung seines kleinen Riffs sicherstellen. Dies ermöglicht nicht
nur einer kleinen Schar von "Freaks" das Halten vieler kalkverbrauchender
Niederer Tiere und ist somit ein Beitrag zur Erhaltung der natürlichen
Riffe, da erfolgreiche Pflege und Vermehrung im Meerwasseraquarium die Entnahmen
aus der Natur auf ein Minimum reduziert. |